Computer sind heute um ein Vielfaches leistungsfähiger als in ihren Anfängen. Aber sind sie auch sparsamer geworden? Ein nicht unerheblicher Teil des Stromverbrauchs geht auf das Konto unserer digitalen Vernetzung.
Schlagzeilen wie «ein halbes Kernkraftwerk für die Schweizer Rechenzentren» oder «Geht es so weiter, verschlingen PC, Internet und Co. in 20 Jahren so viel Strom wie heute die ganze Welt» lassen aufhorchen. Aber stimmt das denn? Wie viel Strom kostet überhaupt die ganze Internet-Infrastruktur, inklusive Datenzentren, Kommunikationsnetzen und allen Handys?
Die wichtigsten Bestandteile des Internet sind die Computer. Diese werden laufend energieeffizienter, sie verbrauchen immer weniger Strom pro ausgeführter Maschinenoperation. Konnte ein raumfüllender Computer der 1950er-Jahre mit einer Kilowattstunde Strom (also der Energiemenge, mit der man ein Mittagessen für vier Personen kochen kann) nur rund zehntausend Operationen ausführen, so schaffen heutige Laptops damit mehr als eine Billiarde Operationen. In wohl keinem anderen Bereich verbesserte sich die Energieeffizienz so schnell und über einen so langen Zeitraum: Seit 1950 verdoppelte sie sich alle anderthalb Jahre [1].
Strombedarf bleibt ein Thema
Wieso ist angesichts rasant zunehmender Energieeffizienz der Stromverbrauch von Computern überhaupt ein Thema? Neben dem allseitigen Wunsch, Tablets, Smartphones und Laptops mit möglichst kleinen Akkus immer noch länger mobil zu nutzen, gibt es dafür zwei Gründe:
- Fast in gleichem Masse, wie die Energieeffizienz zunahm, wuchs auch die Geschwindigkeit (also die Anzahl Operationen pro Sekunde), so dass sich die beiden Effekte nahezu neutralisieren: Ein PC braucht heute pro Minute beinahe so viel Strom wie die ersten «Homecomputer» vor gut 30 Jahren, die tausend Mal langsamer waren.
- Die Menge der Computer wuchs gewaltig, da PCs immer preiswerter, nützlicher und begehrter wurden. Lange Zeit verdoppelte sich ihre Zahl alle 4 Jahre, und heute ist sogar jedes Smartphone ein vollwertiger Computer – über eine Milliarde solch mobiler Internetzugänge wurde alleine letztes Jahr verkauft.
Aber es gibt auch gegenläufige Tendenzen. Die Tatsache, dass wir immer öfter anstelle eines PCs einen genügsameren Laptop oder gar ein Tablet für das Surfen im Internet nutzen, hat messbare Konsequenzen: Waren 2008 in allen Schweizer Haushalten zusammen für Computer noch circa 500 GWh Strom nötig, so wurden dafür fünf Jahre später (trotz einer Zunahme der Gerätezahl um ein gutes Drittel) nur noch 361 GWh, also 28 Prozent weniger, benötigt. Das sind gerade noch 2 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsstrombedarfs.
Das ganze Internet
Um den Stromverbrauch des ganzen Internets einschliesslich aller Infrastrukturkomponenten zu erfassen, bildet man sinnvollerweise drei Kategorien:
- Endgeräte für Nutzer: PCs, Laptops, Telefone, Displays, E-Book-Reader, Spielkonsolen etc.
- Daten- und Rechenzentren mit ihren Servern und Kühlaggregaten.
- Kommunikationsnetze inklusive Mobilfunkstationen und Internet-Router.
Die Abschätzungen des weltweiten Energiebedarfs hierfür sind nicht ganz einfach und mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Die Anzahl der Geräte, deren Strombedarf, Nutzungsfrequenz und Lebensdauer sowie einige weitere Faktoren fliessen hier mit ein. Inzwischen gibt es mehrere Analysen [2,3]; diese weichen zwar hinsichtlich des geschätzten Energieverbrauchs etwas voneinander ab, sind aber bei den ermittelten Trends gut vergleichbar.
Grob ergibt sich, dass alle drei Kategorien derzeit etwa gleich viel Strom verbrauchen, und im Jahr 2012 alles zusammen mit gut 900 TWh rund 4 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs ausmachte [3]. Rechnet man auch noch den Strombedarf für die Herstellung der Hardware mit hinzu (circa 330 TWh [2]), erhöht sich dies auf gut 5 Prozent.
Zukünftiges Wachstum
In unterschiedlichen Szenarien versuchen die Analysen, die Trends beim Stromverbrauch des Internets in die Zukunft zu extrapolieren. Die mittleren Szenarien kommen auf eine jährliche Steigerungsrate von 4 bis 7 Prozent. Das wäre mehr als das Wachstum des weltweiten Gesamtstromverbrauchs (jährlich circa 3,5 Prozent in den letzten Jahren), so dass der Anteil des Internet am Stromverbrauch weiter zunehmen dürfte. Von den drei genannten Sektoren wächst der Energiebedarf für die Netze am schnellsten, er verdoppelt sich in nur 10 Jahren und reflektiert unseren Hunger nach immer mehr Daten aus dem Internet, heruntergeladen in immer kürzerer Zeit. Hingegen steigt der Stromverbrauch für die Endgeräte in vielen Ländern kaum noch.
Unsere Erwartung, dass «alles» im Netz und dann augenblicklich mit einem Klick oder Wisch auf unseren mobilen Geräten ist, ist also für den weiter zunehmenden Stromverbrauch des Internets verantwortlich – die rapide steigende Energieeffizienz der zugrundeliegenden Technologiekomponenten kann unseren noch viel schneller wachsenden Datenhunger nicht kompensieren.
Author: Ryan Haas
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